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Das Volksbad Nürnberg

Das Nürnberger Volksbad wurde im Vergleich zu seinen Pendants in anderen großen Städten relativ spät, nämlich in den Jahren 1911 bis 1913 errichtet. Zu diesem Zeitpunkt war beispielsweise das "Müllersche Volksbad" in München schon seit zehn Jahren in Betrieb. Bereits in den Jahrzehnten vor Beginn des zwanzigsten Jahrhunderts gab es entsprechende Vorstöße seitens der Stadt, in Nürnberg eine öffentliche Badeanstalt zu errichten. Bedarf für eine solche Einrichtung bestand in so fern, dass sich die Bevölkerung in der Zeit von 1850 bis 1910 nahezu versiebenfachte - 1910 waren es bereits 350.000 Menschen.

Bis zum Bau des Volksbades bestanden in Nürnberg verschiedene Flussbadeanstalten, die allerdings nur in den Sommermonaten sinnvoll genutzt werden konnten. In den städtischen Verwaltungsberichten aus der Zeit der Eröffnung des Volksbades werden insgesamt fünf Brause- und die gleiche Anzahl an Flussbadeanstalten genannt. Teilweise befanden sich diese unmittelbar am Rand der Stadtbefestigung. Der Hintergrund dieser Maßnahme liegt in der starken Industrialisierung der Vororte Nürnbergs (Gleißhammer, Gostenhof). Alleine für den Stadtteil Gostenhof geben städtische Planungsunterlagen eine Schätzung von über 44.000 Einwohnern an.

Neben anderen Gründen war auch diese Tatsache ausschlaggebend für die Wahl des zukünftigen Baugrundes für das Volksbad Nürnberg. Ein weiterer Grund lag in der Tatsache, dass sich auf dem Areal bzw. in dessen Nachbarschaft das alte städtische Gaswerk befand, man konnte hier durch den Abriss also relativ leicht eine entsprechende Baufläche zur Verfügung stellen. Spätestens seit dem Bau des neuen Gaswerks im Stadtteil Sandreuth in den Jahren 1901 bis 1903, war der Weg für den Abriss frei.

Beschlossen wurde der Bau eines Bades, welches allen Anforderungen der damaligen Zeit genügen sollte. Neben Schwimmbecken gehörten dazu auch Brause- und Wannenbäder, ein Hundebad, Friseursalon und Dampfbäder. Betrachtet man diese Auflistung, so stellt man fest, dass es sich bei den Volksbädern wohl um die ersten Wellness-Tempel gehandelt hat.

Aussenansicht (ursprünglicher Zustand) (Stadtarchiv Nürnberg G_18_IX)

Baubeginn war dann im Oktober des Jahres 1910, nachdem zuvor das alte Gaswerk abgebrochen wurde. Die Arbeiten inkl. dem Innenausbau dauerten dann bis ins Jahr 1913. Insgesamt sind für das Projekt annähernd 1,8 Mio. Reichsmark an Baukosten überliefert. Offenbar war eine Überschreitung der Kosten auch zur damaligen Zeit schon normal, denn geplant waren ursprünglich 1,4 Mio. RM. An dieser Stelle sei angemerkt, dass die technischen Anlagen im Nürnberger Volksbad ihrer Zeit eigentlich voraus waren - nachfolgend einige technische Details:

  • Die Schwimmbecken wurden aus Eisenbeton hergestellt und auf Pfeilern gelagert, so dass sie leicht zu warten waren. Man konnte die "Hülle der Becken" sozusagen von außen warten.
  • Das Bad verfügte sowohl über Einzel- als auch Sammelumkleiden.
  • Bevor man von den Umkleiden in die Schwimmhallen gelangte, musste man zwingend eine Sektion mit Duschen und Fußbrausen passieren.
  • Das Volksbad verfügte über einen eigenen Wasserturm, der auch heute noch erhalten ist, wenn auch ohne Funktion.
  • Eine eigene Kesselanlage zur Aufbereitung des nötigen Badewassers, die hier nötige Energiezufuhr erfolgte durch die Verbrennung von Koks.
  • Das Bad hatte eine zentrale Maschinenhalle, in der alle nötigen Versorgungsleitungen zusammenliefen.
  • Die Wasserversorgung wurde mittels eines eigenen Wasserwerks inkl. einer entsprechenden Zuleitung realisiert, da die benötigten Wassermengen nicht so ohne weiteres aus dem normalen städtischen Leitungsnetz entnommen werden konnten.
  • Es gab eine Überdrucklüftungsanlage, mittels der innerhalb der Badeanstalt ein Überdruck hergestellt werden konnte. Das Ziel dieser Maßnahme war es, kalte Luft am Eindringen zu hindern. Zitat: "Die Folge davon [gemeint ist das Lüftungskonzept - Anm. des Autors] ist, dass beim Öffnen von Außentüren oder Fenstern der Druckausgleich sich so zu vollziehen sucht, dass nicht wie in anderen Bädern im Winter die kalte Luft von außen her in die Räume hereinstürzt, sondern dass umgekehrt überall die Luftströmung von innen nach außen gerichtet bleibt." . (vgl. "Die technischen Anlagen im städt. Volksbad Nürnberg" von Ludwig Dietz, Seite 20). Allerdings wurde diese besondere Lüftung mit dem Nachteil erkauft, dass das Öffnen von Fenstern nicht mehr möglich war.
  • Zusätzlich wurde ein komplexes System von Zu- und Abluftleitungen verlegt, so dass eine gleichmäßige Frischluftverteilung ermöglicht wurde.

Eine umfassende Schilderung der technischen Anlagen bzw. Einrichtung würde den Rahmen dieses Beitrags sprengen. Wer sich näher mit diesem Thema beschäftigen möchte, sei auf das Buch von Ludwig Dietz "Die technischen Anlagen im städtischen Volksbad Nürnberg" verwiesen. Ganz offenbar sind Teile des technischen Inventars noch heute erhalten.

Plan des Volsbads NürnbergPlan des Volsbads NürnbergPlan des Volsbads Nürnberg

Im ersten Betriebsjahr erfuhr das Bad und die dort vorhandenen Einrichtungen einen regen Zuspruch, so sind aus dem Januar 1914 teilweise über 3.000 Besucher an einem Tag verzeichnet. Auch gab es in dieser Zeit Anfragen aus anderen Städten (u.a. Frankfurt und München) bezüglich der eingebauten Technik im Volksbad. Leider dauerte die Freude nur kurz an, bereits im August desselben Jahres wurde das Volksbad auf Grund des I. Weltkrieges geschlossen. Man ging aber davon aus, dass man bereits im drauf folgenden Jahr das Bad wieder eröffnen könnte.

In den Unterlagen des Stadtarchivs ist eine Kalkulation erhalten, aus der die damals üblichen Eintrittpreise hervorgehen:

Artikel/volksbadnbg/09_dampfbad_e115x.jpgSchwimmhallen:
- Erwachsene, Halle 1 und Frauenhalle, 40 Pfg.
- Erwachsene, Halle 1 an Samstagen, 20 Pfg.
- Kinder, Halle 1 und Frauenhalle, 30 Pfg.
- Erwachsene, Halle 2 und Frauenhalle, 20 Pfg.
- Erwachsene, Halle 2 und Frauenhalle, 10 Pfg.
- Kinder, 10 Pfg. (ohne Angabe der Nutzung)

Wannenbäder:
- Erwachsene, 50 Pfg. bzw 25 Pfg.
- Erwachsene, + Kind 20 Pfg.
- Brausebäder, 10 Pfg.
- Dampfbäder, 2 Mark

Hundebad:
- Einstellen, 5 Pfg.
- Reinigen, 40 Pfg. - 1 Mark
- Scheren, 1,50 - 3 Mark

Schwimmunterricht:
- Erwachsene, 5 Mark
- Kinder, 2 od. 3 Mark
- Schwimmgürtelverleih, 10 Pfg.
- Leihgebühr für Badewäsche, 5 Pfg. + Reinigungsgebühr, 5 Pfg.
- Seife, 5 Pfg. / Stück

Für das Jahr 1914 gehen folgende statistische Angaben aus denn Aufzeichnungen hervor:

  Januar Februar März April Mai Juni
Besucher
34.998
45.440
58.521
58.411
57.993
57.141
Wasserverbrauch cbm
46.594
24.080
46.018
43.370
40.079
33.970
mittl. Tagestemperatur °C
-2,80
2,57
5,50
11,50
11,60
16,10
Erzeugte Dampfmenge kg
2.250.224
1.954.955
2.191.460
1.963.240
1.683.315
1.329.325
Verbrauchte Koksmenge kg
339.000
317.800
360.070
324.100
246.750
1.794.500

Bevor wir mit der Geschichte des Volksbades fortschreiten, sei an dieser Stelle auch ein Blick auf die damals gültige Badeordnung geworfen, welche die Nutzung dieser städtischen Einrichtung regelte. Die gesamte Badeordnung ist im Stil eines Gesetzes in einzelnen Paragrafen gestaltet, neben Eintrittspreisen und Öffnungszeiten wurden auch die folgenden Aspekte geregelt, so beispielsweise die Nutzungsdauer pro Badegast (inkl. der Zeit des Aus- und Ankleidens - für die Überschreitung der zulässigen Zeit wurde eine empfindliche Strafe in Höhe des Eintrittspreises festgelegt). Auch der Zugang zum Bad wurde beschränkt. Ein Zitat aus der historischen Badeordnung macht deutlich, dass es hierbei nicht nur um eine Alterskontrolle ging: "[...] Personen, welche mit Hautausschlägen oder anderen Anstoß erregenden Krankheiten behaftet sind, werden zu den Schwimmbädern und Schwitzbädern überhaupt nicht, zu den übrigen Bädern nur auf Grund eines ärztlichen Zeugnisses, dass ihr Leiden nicht ansteckend ist, zugelassen.[...]".

Die getroffenen Ordnungs- und Anstandsregeln macht ein anderes Zitat deutlich: "[....] Die Verunreinigung der Baderäume und Einrichtungsgegenstände, das Beschreiben und Beschmieren der Wände und sonstige Beschädigungen sind verboten. Personen, welche sich einer derartigen Verfehlung schuldig machen, haben für die Kosten der durch die veranlassten Reparatur aufzukommen und im Falle der gröblichen Verunreinigung eine sofort zu entrichtende Gebühr von 1 Mark zu bezahlen. Ist die Verunreinigung oder Beschädigung der Baderäume vorsätzlich geschehen, so erfolgt außerdem Strafanzeige auch behält sich der Stadtmagistrat das Recht vor, solche Personen den weiteren Besuch des Bades ohne Rücksicht auf ein etwa bestehendes Abonnement zu untersagen.[...]" und weiter "[...] Es ist verboten, in den Anstaltsräumen zu rauchen, zu singen, zu pfeifen, oder sonst zu lärmen, Hunde in andere Räume, als in das Hundebad mitzubringen, Velozipede in andere als den hierzu bestimmten Räumen einzustellen, Papier, welches zur Umhüllung eigener Wäsche dient, Wäschestücke, Toilettengegenstände und Abfälle aller Art in den Baderäumen zurückzulassen, auf den Boden oder in das gemeinschaftliche Badewasser zu spucken. [...]".

Historischer Schnitt durch das Volksbad 

Über die Nutzung der ansässigen Dienstleistungsbetriebe wie z.B. der Wäscherei und des Baders wird folgendes ausgeführt: "[...] Der in der Anstalt stets anwesende approbierte Bader und Inhaber des Friseurladens steht den Badegästen zum Schneiden der Hühneraugen, Nägel und gegen die besonders normierte Vergütung zur Verfügung; hierbei dürfen in den Baderäumen nur kleinere, einen Zeitraum von höchstens 5 Minuten beanspruchende Verrichtungen vorgenommen werden. Behandlungen, welche längere Zeit beanspruchen, dürfen ebenso wie alle sonstigen nicht chirurgischen Verrichtungen (Rasieren, Frisieren, Behandlung des Bartes u.) nur im Friseurladen vorgenommen werden. [...]".

Natürlich wurde zu dieser Zeit auch noch besonderes Augenmerk auf eine "sittliche" Kleidung der Badenden gelegt, so galt z.B. für die Schwimmbäder: "[...] Der Zugang zu den Auskleidekabinen und zu den Kleiderkästchen, sowie der Abgang von denselben erfolgt ausschließlich durch die äußeren Treppen und Gänge, die inneren Treppen und Umgänge nur im Badekostüm, niemals mit Schuhwerk betreten werden. [...] Herren haben sich einer Badehose, Damen eines Schwimmanzuges und einer Badehaube zu bedienen; diese Badekostüme müssen farblos oder farbecht beschaffen sein. Der Gebrauch von abfärbenden Badekostümen hat die Aufforderung zum sofortigen Verlassen des Bades zur Folge; der Gebrauch von anderen als den vorgeschriebenen Badekostümen ist untersagt. In den Männerschwimmhallen sind Badekostüme verboten.[...]". Ähnliche Ausführungen gab es auch für die anderen Bereiche des Bades, z.B. Schwitz- und Dampfbäder.

Schon im November 1914, früher als ursprünglich geplant, konnte das Volksbad den Betrieb wieder aufnehmen, allerdings nur eingeschränkt (verkürzte Öffnungszeiten). Diese Situation zog sich dann auch im Laufe der folgenden Jahre weiter durch den fortdauernden Krieg und die sich anschließende Zeit. Mit Beginn der Wirtschaftskrise in den zwanziger Jahren begann dann auch bereits der erste Niedergang des Volksbade. Wirtschaftskrise, steigende Preise und zunehmende Arbeitslosigkeit führten zu einem dramatischen Rückgang der Besucherzahlen. Die Preissteigerung wird am Beispiel des Eintrittspreises für Erwachsene deutlich:

Juni 1923
450 Mark
09.08.1923
1.800 Mark
15.08.1923
36.000 Mark
September 1923
180.000 Mark

Bereits im August 1923 erwirtschaftete das Bad einen fast untragbar hohen Verlust. Trotz dieser misslichen Lage wurde an eine vollständige Schließung des Bades nicht gedacht, es fand sogar eine Dienstreise bzw. Anfragen an die städtischen Volksbäder in Frankfurt und München statt. Ziel war es, das medizinische Angebot in diesen Städten zu erkunden und ggf. neue Angebote auch in Nürnberg zur Verfügung zu stellen. Als Ergebnis der Reisen wurde eine entsprechende Verbesserung des Nürnberger Angebotes ins Auge gefasst. Man plante, acht Bäder im Keller des Bades als medizinische Bäder zu nutzen (Kohlensäure-, Salz- und Fichtennadelbäder) einzurichten Bäder mit Packungen und Massagen anzubieten und die Dampf-, Heißluft- und elektr. Lichtbäder wieder in Betrieb zu nehmen, sofern die Krankenkassen mit 20% Rabatt auf den Normalpreis einverstanden wären.

Allerdings lassen die Finanzplanungen auch für die späteren Jahre keine Besserung der Einahmen erahnen, für 1924 findet sich in den Archiven folgende Schätzung:

Schätzung für ... Anfang 1924 Oktober 1924 November 1924
Koks
14.112.000.000
36.845.000.000-000
999.250.000.000.000
Wasser
693.600.000
1.742.000.000.000
86.800.000.000.000
Strom
672.000.000
2.300.000.000.000
64.940.000.000.000
Gas
34.800.000
68.000.000.000
4.395.000.000
Erneuerungsfond
74.051.000
200.000.000.000
5.925.000.000.000
Gesamt
20.029.021.000
56.299.455.000.000
1.733.408.810.000.000

Um den steigenden Kosten entgegen zu wirken, wurden noch im selben Jahr zwei Preiserhöhungsrunden beschlossen. in einer ersten Stufe sollten die Preise um 200% erhöht werden, gefolgt von einer weiteren Preiserhöhung von 100 %. Selbst diese Maßnahmen konnten an der defizitären Situation nicht viel ändern. Finanziell besser ging es dann erst wieder zu Beginn der dreißiger Jahre, auch wenn das Volksbad in alter Form von da an nur noch gut zwölf Jahre existieren sollte.

Blick in eine Schwimmhalle, 1928Blick in eine Schwimmhalle, 1928

Ein erster dunkler Schatten fiel bereits Mitte des Jahres 1933 auf das Volksbad. Am 27.07. fället der Stadtrat den Beschluss, dass Juden die Benutzung der städtischen Badeanstalten in Zukunft untersagt wird. Lediglich in den Duschbädern und Wannenbädern werden Juden noch toleriert. In einem Folgebeschluss wurden den Juden Ersatzansprüche wegen noch nicht in Anspruch genommener Karten verweigert. In den Akten des Stadtarchivs finden sich zahlreiche Eingaben von jüdischen Bürgern der Stadt, die um eine Erstattung von bereits gekauften Karten bitten. Mit Verweis auf die getätigten Beschlüsse wurden diese Gesuche aber negativ beschieden. In eine neue Badeordnung aus dem Jahr 1936 fanden die so genannten "Juden-Erlasse" der Nazis keinen Eingang. Die Ursachen hierfür sind unklar. Denkbar, dass das Verbot für Juden auf anderen Weg veröffentlicht wurde - z.B. durch Aushänge.

Der Gedanke, durch einen Besuch des Volksbades etwas für die gesundheitliche Ertüchtigung zu tun, war wohl auch die Grundlage für einen geplanten Artikel über das Dampfbad. Initiator dieser Kampagne war der damalige Gauleiter Karl Holz. Angesichts der jährlich stattfinden Parteitage der NSDAP in Nürnberg, rückte auch das Volksbad in den Fokus einer propagandistischen Nutzung. Zum einen wurden spezielle verlängerte Öffnungszeiten (teilweise bis 22:30 Uhr) für die Dauer der Parteitage eingerichtet, zum anderen wurde auch für eine "ansprechende Dekoration" (Fahnen, Wimpel, ...) des Bades gesorgt.

1939 konnte das Bad auf eine 25-jährige Geschichte zurückblicken. In einer Festschrift wurden nochmals die besonderen Ereignisse aus dieser Zeit genannt:

  • 921/23 Einbau einer Wasserreinigungs- und Entkeimungsanlage für das Schwimmbeckenwasser der drei Schwimmhallen
  • 1926 Erweiterung der Auskleidegelegenheiten für Halle II im Keller
  • 1928/30 Austausch des kompletten Bodenbelags zur Vermeidung von Unfällen
  • 1929 Einbau einer sog. Enthärtungsanlage im Kessel zur Vermeidung von Kesselstein
  • 1930 Aufstellung eines weiteren Warmwasseraufbereiters
  • 1934/35 Einführung der Luftheizung in den Schwimmhallen und Einbau eines Luftfilters
  • 1936 Erweiterung des Luftfilters
  • 1937 Verbesserungen an der Beleuchtung

Gemäß dieser Festschrift ging man seinerzeit von 500.000 bis 600.000 Besuchern aus. Trotz der schwierigen Zeit der Weltwirtschaftskrise konnten ab ca. 1925 mehrere Jahre mit Besucherrekorden von über 1 Mio. Besuchern verzeichnet werden.

Andere Baumaßnahmen warfen bereits 1939 ihre Schatten voraus, so wurden bereits vorbereitende Luftschutzmaßnahmen (z.B. Verdunklung) durchgeführt. Später kam dazu auch der Ausbau der vorhandenen Keller und Gänge zu behelfsmäßigen Schutzräumen. Wann zeitlich genau diese Maßnahmen erfolgten, lässt sich heute nicht mehr rekonstruieren, da eine Vielzahl der Akten in den Kriegswirren verloren gingen. Überliefert ist die Durchführung verschiedener Maßnahmen, um einen Betrieb auch nach Einbruch der Dunkelheit zu ermöglichen: Diese Arbeiten wurden zum 25.9.1939 beendet und ermöglichten wieder eine längere Öffnungszeit des Bades. Zu den getroffenen Verdunkelungsmaßnahmen gehörte es, die Fenster in der Brausebäderabteilung mit olivgrüner Farbe zu streichen, an den Fenstern der Warmbadeabteilung Pappe und an denen der Vorhalle sowie an den Eingangstüren Vorhänge anzubringen, Kesselhaus und Wäscherei mittels Farbanstrich und Blenden an den Lampen abzudunkeln und die Oberlichter anzustreichen. Hinzu kam noch eine versuchsweise Verdunkelung der Schwimmhalle II mittels Wachstüchern.

Bezüglich der Einrichtung von Schutzräumen heißt es in einem amtlichen Vermerk: "[...] Im Volksbad wurden 5 splittersichere Untertreträume in den Kellern unter den Schwimmhallen eingerichtet. Sitzgelegenheiten sind vorhanden, ebenso stehen genügend Aborte im Untergeschoß zur Verfügung, die von allen Schutzräumen leicht erreichbar sind. Für die großen Schutzräume ist je 1 Sanitätskasten mit Tragbahre bereitgestellt, außerdem befindet sich der Hauptverbandsplatz im Schutzraum B unter der Vorhalle, nahe der Befehlsstelle und des Alarmplatzes für die Feuerwehr, Sanitäter, Ordner und Feuerwehrleute sind in genügender Zahl eingeteilt.[...]"

In den Jahren vor Beginn des 2. Weltkrieges ist eine Nutzung durch verschiedene Organisation des Dritten Reichs (z.B. der Hitler-Jugend) überliefert. Mit Beginn des Krieges begann erneut eine Zeit der eingeschränkten Nutzung bzw. Öffnungszeiten. Später machten Bombenangriffe auf Nürnberg einen Betrieb des Bads nahezu unmöglich.

Lediglich im Jahr 1942 war noch einmal eine einigermaßen normale Nutzung des Bades möglich, spätestens ab Mitte des gleichen Jahres wurde der Betrieb eingeschränkt. Ursache dafür war unter anderem die immer schwerer werdende Versorgungslage mit Koks. Die Probleme mit der Versorgung führten auch dazu, dass sich Teile der Bevölkerung im Volksbad mit Brennstoff versorgten und dabei auch vor dem Inventar nicht Halt machten. Die Bombenangriffe desselben und der Folgejahre zerstören das einstige Jugendstilbad schließlich weitgehend. Im wesentlichen handelte es sich dabei um folgende Bomberangriffe:

  • 29.08.42 (britischer Nachtangriff)
  • 8./9.03.43 (britischer Nachtangriff)
  • 19.10.44 (britischer Nachtangriff)
  • 02.01.45 (britischer Nachtangriff, bis dato schwerster Bombenangriff auf Nürnberg)
  • 21.02.45 (US-Tagangriff)

Zerstörung im II. Weltkrieg (Stadtarchiv Nürnberg Fi_R_045)Zerstörung im II. Weltkrieg (Stadtarchiv Nürnberg Fi_R_046)

Bereits kurz nach Kriegsende fanden sich erste interessierte Bürger, die sich für einen Wiederaufbau des Bades einsetzen. So kam es bereits 1946 zu einer Spendensammlung, die u.a. durch den Schwimmverein Bayern 07 unterstützt wurde. In Folge dieser Aktivitäten erfolgte schon am 23.06.1947 eine Teil-Wiedereröffnung der Badeanstalt - allerdings konnten vorerst nur eine Schwimmhalle und einige der Brause- und Wannenbäder genutzt werden. Noch im selben Jahr nutzen auch die ersten Vereine wieder das Angebot und auch die Brausebad-Abteilung für Frauen und das Hundebad konnten wieder in Betrieb genommen werden. Die bis dahin geltenden unterschiedlichen Öffnungszeiten für Männer und Frauen konnten damit ebenfalls entzerrt werden. 1948 besuchten das Bad täglich bis zu 2.500 Personen, obwohl nach wie vor nur ein eingeschränkter Betrieb möglich war. Die Zahlen reichten damit wieder an das Niveau in den Eröffnungsjahren heran. In den Jahren 1948/1949 konnten so 961.432 Besucher verzeichnet werden.

Eine Aufstellung der Kosten für den weiteren Wiederaufbau lässt jedoch erahnen, dass es noch viel zu tun gab, bevor das Volksbad wieder im alten Glanz erstrahlen konnte.

Wiederaufbau Halle II
250.000,-
Überdachung des Fahrradunterstandes
2.500,-
Doppelte Deckung Dach Halle I
10.000,-
Fenster Frauernschwimmhalle
4.000,-
Erweiterung des Hundebades
3.000,-
Instandsetzung des Lichthofes
1.000,-
Dachboden Wohnhaus
1.000,-
Gesamt
271.500,-

Da letztlich weniger als die veranschlagten Beträge zur Verfügung gestellt wurden, konnten nicht alle geplanten Maßnahmen umgesetzt werden. So dauerte es bis in die fünfziger Jahre, bis wieder ein nahezu vollständiger Betrieb einsetzen konnte. Natürlich wurden hier auch Kompromisse eingegangen, so wurden z.B. die Dächer in den Schwimmhallen nur in einer Flachbauweise, an Stelle der ursprünglichen Gewölbedecken ausgeführt.

Volksbad Nürnberg, Außenansicht 2007

Im Jahre 1950 fanden umfangreiche Dacharbeiten statt, so wurden alle Hallen mit Dächern versehen, auch wenn es bis zur Eröffnung aller Schwimmhallen noch länger dauern sollte. Noch im gleichen Jahr konnten die Schwitz- und Wannenbäder wieder einer Nutzung zugeführt werden.
Aufgrund der damaligen finanziellen Situation mussten Mittel immer wieder gestreckt werden und andere Baumaßnahmen am Volksbad verschoben werden. Im Jahr 1952 konnten Besucher des Volksbades immerhin eine Schwimmhalle, 66 Wannenbäder, 14 Brausen, das römisch-irische Bad, das Hundebad und die Wäscherei nutzen. 1953 besuchten das Bad bereits wieder knapp 600.000 Besucher (Vergleich. zu 1938: 899.000).

Aus einer Festrede im Jahre 1963 lässt sich noch die Wiedereröffnung der einzelnen Hallenschwimmbäder rekonstruieren. Halle II wurde am 31.07.1954 und Halle III am 27.04.1959 wieder in Betrieb genommen. Das nach dem Krieg nochmals eröffnete Hundebad schloß dagegen am 1.10.63 endgültig seine Pforten. Ebenso ist aus 1953 noch eine Aufstellung über die bisherigen Betriebskosten pro Besucher erhalten. Im Einzelnen werden genannt:

  • Gesamtbesuch in 40 Betriebsjahren: 27.534.861
  • Wasserverbrauch: 10.175.452 cbm entspricht 370l/Gast
  • Stromverbrauch: 3.259.842 kWh entspricht 0,118 kWh/Gast
  • Brennstoffe: 97.115 t entspricht 3,53 kg/Gast

Mit dem vierzigjährigen Bestehen des Volksbades fiel auch die Eröffnung der Schwimmhalle II zusammen. Im Jahr 1953 war das Volksbad noch immer das einzige Hallenbad der Stadt Nürnberg, dies erklärt auch die hohen Besucherzahlen und damit auch die Entscheidung für einen weiteren Wiederaufbau der Badeanstalt.

Die jüngere Geschichte des Bades ist anhand der Berichterstattung u.a. der "Nürnberger Nachrichten" (NN) recht gut dokumentiert. So berichteten die NN am 06.11.53, dass neben dem Volksbad auch die anderen Badeanstalten wieder in Betrieb genommen wurden und einen regen Zuspruch in der Bevölkerung fanden. Damit herrschte in Nürnberg fast wieder eine Situation wie zwischen den Weltkriegen, in der Badeanstalten die Grundversorgung bezüglich Hygiene in der Bevölkerung gewährleisteten. Am 12.02.59 berichteten die NN über die bald bevorstehende Eröffnung der letzten Schwimmhalle. Damit ging der vollständige Wiederaufbau nach fünfzehn Jahren seinem Ende entgegen. Alleine für die Wiederherstellung der ehemaligen Frauenschwimmhalle wurden seinerzeit nochmals 700.000 DM benötigt.

Natürlich wurde bei allen diesen Baumaßnahmen nur bedingt Rücksicht auf die ursprüngliche Jugendstil-Ausstattung genommen. Teilweise wurde z.B. bei der Gestaltung von Umkleiden und Fußböden- bzw. Wandverkleidungen mit damals modernen Keramiken gearbeitet. Auch die Hallendächer geben den ursprünglichen Charme nur bedingt wieder und hinterlassen auch heute noch in manchen Details den Eindruck einer Notlösung bzw. eines Kompromisses - so z.B. bei den Dächern.

Zum fünfzigjährigen Jubiläum berichtete die Nürnberger Presse am 31.12.63, dass seit Eröffnung im Jahre 1914 über 33 Mio. Gäste das Bad und seine verschiedenen Einrichtungen besucht hätten. In den zehn seit der Wiedereröffnung vergangenen Jahren seien damals bereits erste kleinere Sanierungsarbeiten nötig gewesen, hieß es damals. Unmittelbar nach Kriegsende fehlten hier wahrscheinlich zum Teil Mittel und Material.

Zu Beginn der sechziger Jahre wurde dem Bad , trotz hoher städtischer Zuschüsse in Höhe von 6,7 Mio. DM über die fünfzehn vorangegangenen Jahre noch eine wichtige Rolle für die Bevölkerung zugesprochen. Die genannten Renovierungsarbeiten erfolgten in verschiedenen Schritten bis hinein in die siebziger Jahre. Allmählich machten sich mit Eröffnung der anderen Hallenbäder erste Rückgänge in den Besucherzahlen bemerkbar. Die zusätzlichen Hallenbäder erfuhren auf Grund ihres modernen Konzepts und besserer Technik deutlichen Zuspruch - trotzdem hielt die Stadt noch an der "Perle" Volksbad fest.

Als ein erstes Opfer fiel 1972 die Sauna des Volksbades dem Rotstift zum Opfer, der Betrieb auf Grund der veralteten Technik und der zu geringen Besucherzahlen - zuletzt nutzten nur noch etwa 5.000 Gäste im Jahr diese Einrichtung - eingestellt. Im Jahr 1982 unternahm man nochmals den Versuch, die Sauna-Landschaft wieder in Betrieb zu nehmen, dies scheiterte aber letztlich an den zu erwartenden Kosten für Renovierungsarbeiten.

Die achtziger Jahre schritt der Niedergang des Volksbades dann immer schneller voran. Aufgeschobene Renovierungsarbeiten und Wartungen und die teilweise noch immer als Notbehelf anzusehenden Instandsetzungen der Nachkriegszeit führen zu geschätzten Umbaukosten von 36,7 Mio. DM gemäß Architekten-Gutachten. Diese Kosten beinhalteten sämtliche notwendigen Arbeiten, die das Volksbad zu einem modernen "Erlebnisbad" nach damaligen Vorstellungen machen sollten. Hierzu gehörte der Umbau eines der Becken zum Wellenbad, aber auch ein Freibecken. Diese Pläne ließen erahnen, dass bei ihrer Realisierung von dem einstigen Charakter des Bades nicht viel erhalten geblieben wäre. Auf Grund der Kosten erhielten die Pläne damals keine Zustimmung im Stadtrat.

Zum siebzigjährigen Jubiläum des Bades berichteten die NN am 30.12.1983 von jährlich noch 190.000 Gästen. Bei einem Vergleich mit den ursprünglich 600.000 Gästen konnte man ahnen, dass der Betrieb des Bades nur noch mit hohen finanziellen Aufwand erfolgen konnte. Auch Einsparungen beim Personal und die Schließung einzelner Abteilungen (Wannenbäder 1985, Sauna, ...), oder die Einführung automatischer Kassen konnten hieran nichts ändern. Erstaunlich ist, dass die Schließung insbesondere der Wannenbäder teilweise noch auf heftige Empörung in der Bevölkerung stieß. Die Nürnberger Nachrichten zitierten in ihrer Ausgabe vom 05.12.85 Besucher mit den Worten: "Dann wird" ich eben zum Sandler [gemeint ist Obdachloser - Anm. des Autors]. Da brauch" ich mich nicht mehr zu waschen" oder "Ich geh" in die Pegnitz". 1984 zählte man immerhin noch 21.914 Badegäste in der Wannenabteilung, allerdings wurde ein Bediensteter mit den Worten zitiert "Vor zwei Jahren kamen an einem Samstag noch so viele Besucher wie jetzt in der ganzen Woche".

Eines der vielen Wannenbäder

Aus 1987 datiert dann die letzte Umbaumaßnahme, insgesamt wurde nochmals knapp 1 Mio. DM verbaut, u.a. auch für die Einrichtung einer Cafeteria und Unterwasserscheinwerfer. Zu Beginn der neunziger Jahre wurde der Verfall besonders deutlich, als ganze Gebäudeteile "auf Grund von Mängeln in der Baustatik" gesperrt werden mussten. Zwar gab es kurzfristige Überlegungen, andere Teile des Bades durch Umnutzung (z.B. als studentische Notunterkünfte) vor weiterem Verfall zu schützen, angesichts der Auflagen des Denkmalschutzes wurden diese Pläne aber wieder fallen gelassen. Der Verfall des Bades schritt zumindest in den Bereichen der Wannenbäder fort. 1992, nur vier Jahre nach den letzten Umbauten, war dann schließlich der Zeitpunkt der Schließung gekommen. Schuld daran waren letztlich die immer weiter zurückgegangenen Besucherzahlen, die jährliche Zuschüsse in Höhe von zuletzt 2,7 Mio. DM nötig machten. Schon ein Jahr später gab es erste Planungen, das Bad an einen Investor zu veräußern, jedoch führte dieser Plan nicht zu einer Weiternutzung, ebenso wenig der, die Immobilie zu einem Dampfbad nach türkischem Vorbild umzubauen.

Volksbad Nürnberg - EingangshalleVolksbad Nürnberg - EingangshalleVolksbad Nürnberg - WäscheausgabeVolksbad Nürnberg - EingangshalleVolksbad Nürnberg - SchlüsselbrettVolksbad Nürnberg - FrauenschwimmhalleVolksbad Nürnberg - FrauenschwimmhalleVolksbad Nürnberg - FrauenschwimmhalleVolksbad Nürnberg - FrauenschwimmhalleVolksbad Nürnberg - FrauenschwimmhalleVolksbad Nürnberg - FrauenschwimmhalleVolksbad Nürnberg - FrauenschwimmhalleVolksbad Nürnberg - MännerschwimmhalleVolksbad Nürnberg - MännerschwimmhalleVolksbad Nürnberg - MännerschwimmhalleVolksbad Nürnberg - MännerschwimmhalleVolksbad Nürnberg - MännerschwimmhalleVolksbad Nürnberg - MännerschwimmhalleVolksbad Nürnberg - MännerschwimmhalleVolksbad Nürnberg - TechnikbereichVolksbad Nürnberg - TechnikbereichVolksbad Nürnberg - TechnikbereichVolksbad Nürnberg - Heizung

Interaktive Panoramen von Michael Grube

VeranstaltungsplakatDen achtzigsten Geburtstag verbrachte das Bad nun im Dornröschenschlaf und weit entfernt von einer neuen Nutzung, die inzwischen Investitionen von rund 24 Mio. DM notwendig gemacht hätte. Die Folgejahre brachten viele Pläne und einige kleinere Veranstaltungen, so beispielsweise Kinovorführungen und Techno-Parties. Bis heute (Mitte 2008) ist nach wie vor keine Nutzung des Bades in Sicht, obwohl der derzeit amtierende Oberbürgermeister das Projekt seit einiger Zeit zur Chef-Sache erklärt hat. Trotz aller Umbauten und Veränderungen strahlt das Bad auch heute noch Charakter und Atmosphäre aus, die andere, moderne, schnörkellose Bäder vermissen lassen. Es bleibt zu hoffen, dass dieser Charme dem Bauwerk erhalten bleibt.

Quellen:
- Bestände des Stadtarchivs Nürnberg (StadtAN) wie folgt:
- C 7 VIII 5873, C 7 VIII 5884, C 7 VIII 5893, C 7 VIII 5900, C 7 VIII 5908, C 7 VIII 5920, C 7 KR 5920, C 7 KR 5923,
- Stadtlexikon Nürnberg
- "Der Luftkrieg gegen Nürnberg" - Stadtarchiv Nürnberg
- Bild und Erinnerung - Nürnberger Luftaufnahmen der 50er Jahre
- Michael Diefenbacher: "Kleine Geschichte des Nürnberger Volksbades"
- Magisterarbeit: "Die Volksbäder in Bayern um 1900" - Magisterarbeit in der Philosophischen Fakultät I der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen/ Nürnberg v. Susann Velte 1990
- Dietz, Ludwig: "Die techn. Anlagen im städtischen Volksbad. - Beschreibung der techn Einrichtungen"
- Zeitungsarchiv der Nürnberger Nachrichten, wie im Artikel genannt
- "Jugendstilperle sucht neue Fassung" - Publikation des Liegenschaftsamts der Stadt Nürnberg (Februar 1993)
- Bildrechte: s. Copyright-Vermerke in den jeweiligen Fotos
- Badeordnung des Stadtmagistrats von 1913

 

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