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Das Olympische Dorf von 1936 - Elstal

 Bereits 1906 hatte sich Deutschland als Austragungsort für die Olympischen Spiele beworben und den Zuschlag erhalten. Dann kam der Erste Weltkrieg und die Spiele fanden nicht statt. In den Zwanziger Jahren bewarb man sich erneut - diesmal für die Spiele im Jahre 1936 - und wurde 1931 vom Internationalen Olympischen Komitee erneut ausgewählt.

 

Poatkarte

Das Olympische Dorf, in dem die Athleten während der Spiele (1. bis 16. August 1936) untergebracht werden sollten, wollte man als erholsame Oase, fernab des Trubels, gestalten. Die Planungsleitung übertrug man dem Architekten Werner March, der schon für das Reichssportfeld und das Olympiastadion beauftragt worden war. Ein passendes Gelände fand man unweit westlich von Berlin, bei Döberitz auf einem von der deutschen Wehrmacht zur Verfügung gestellten Gelände - Hausherr war damit der Reichkriegsminister.

Die gesamte Anlage, immerhin rund 540.000m², wurde landschaftlich nach den Ideen des Architektenteams und natürlich denen der NS-Führung gestaltet. Große Mengen Erde wurden bewegt, um einen oberen und einen unteren Dorfteil, Hügel und einen See anzulegen. Um diese künstliche Natur zu beleben, ließ man eine große Zahl von Wasservögeln und -tieren aus dem Berliner Zoo herbeischaffen.

Plan des olympischen Dorfes

Mit Hilfe der Heeresverwaltung entstanden auf der großen Fläche nun rund 150 Gebäude, ausgeführt von regionalen Firmen. Die Nationalsozialisten legten hierbei Wert darauf, daß nur "rein deutsche Arbeiter arischer Abstammung" eingesetzt wurden. In den 140 Quartieren (bis auf fünf alle einstöckig) sollten 3.738 ausschließlich männliche Sportler untergebracht werden - die 328 Sportlerinnen brachte man in direkter Stadionnähe unter. Während der Spiele stellte sich heraus, daß inclusive des Begleitpersonals wesentlich mehr Plätze, nämlich über fünftausend, benötigt wurden. Diese ursprünglich offenbar nicht eingeplanten Personen brachte man in den ebenfalls neu errichteten Kasernenblöcken außerhalb des Dorfes unter. Diese Bauten sind heute renoviert und dienen als Mehrfamilienhäuser. Das einzige weitere, hauptsächlich zu Wohnzwecken errichtete Haus im olympischen Dorf war das des Bürgermeisters bzw. Kommandanten.

Einstöckiges Unterkunftsgebäude
KasernenblocksKommandantenhaus

Neben der landschaftlichen Gestaltung hatte man natürlich noch weitere Anstrengungen unternommen, damit die Sportler sich möglichst wohl fühlten - sicherlich nicht zuletzt auch als Werbung für das damalige Nazi-Deutschland. Am Ufer des Sees befand sich eine kleine finnische Sauna, oberhalb auf einem Hügel eine runde Bastion mit der Funktion eines Terassen-Cafés.

Waldsee
BastionBlick über den ehemaligen See

Im Hindenburghaus, einem zweistöckigen Bau mit Trainings- und Funktionsräumen, befand sich ein großer Theatersaal, in dem Konzerte Tanz-, Theater- und Filmvorführungen stattfanden - organisiert von der sog. "Abteilung Freude" unter Federführung der NS-Kulturgemeinde. Mehrmals täglich spielte eine Militärkapelle an verschiedenen Stellen im Dorf.

Hindenburghaus
HindenburghausHindenburghausHindenburghausHindenburghaus

Direkt an der Reichsstraße nach Hamburg (heutige B5) lag das viertelkreisförmige Empfangsgebäude, das heute leider nicht mehr steht. Hier waren neben Empfang und Verwaltung auch die "Halle der Nationen", eine Gaststätte, Aufenthaltsräume, Bank, Post und andere Infrastruktur untergebracht. Ganz in der Nähe verband ein Tunnel unter der Reichsstraße das Dorf mit den südlich gelegenen Areal, auf dem u.a. die Military-Reiter untergebracht waren. Diese Unterführung wurde im Zuge der Verbreiterung der B5 Ende der neunziger Jahre zugeschüttet.

Empfangsgebäude
Tunnel unter der B5/R5

Zentraler Punkt der Dorfanlage war das "Speisehaus der Nationen", in dem es 38 Küchen und Speiseräume für alle Mannschaften gab. Der Bau war so angelegt, daß von der obersten der drei terassenartig angelegten Etagen das Olympiastadion zu sehen war. In diesem ellipsenförmigen Bau mit Innenhof befand sich auch das Heiz- und Kraftwerk, Kühl- und Vorratsräume, Garagen und Werkstatt sowie die dorfeigene Feuerwehr.

Luftbild Speisehaus der Nationen
Speisehaus der NationenSpeisehaus der NationenSpeisehaus der NationenSpeisehaus der NationenSpeisehaus der NationenHeizhaus

Natürlich hatte man auch Trainingsmöglichkeiten vorgesehen - jeweils mit echten Wettkampfmaßen, wie man sie im bzw. am Olympiastadion vorfand. Nördlich des Sportplatzes mit Aschenbahn befand sich die Turn- bzw. Sporthalle, südlich davon die Schwimmhalle mit 25m-Bahnen. Dieses Gebäude verfügte über elektrisch hebbare Fenster - damals eine echte Sensation. Leider wurde das Dach der Schwimmhalle in den 1990er Jahren von Jugendlichen angesteckt.


Speisehaus der NationenSchwimmhalleSchwimmhalleSchwimmhalleSchwimmhalle

Interaktive Panoramen

 

Das gesamte Dorf war auch während der Spiele umzäunt und bewacht. Strenge Zugangsregelungen legten fest, wer hinein durfte. Frauen durften nicht auf das Gelände, aber offenbar gab es doch einige Ausnahmen oder "Mittel und Wege". Die Bevölkerung durfte nur ein einziges Mal an einem Tag der offenen Tür vor dem Begin der Sommerspiele einen Blick hinein werfen - es sollte die letzte Möglichkeit bis nach der Wende Anfang der Neunziger sein!

Eine der Maßgaben beim Bau bestand darin, daß das Nutzungsrecht an allen Bauten sofort nach den Sommerspielen an die Wehrmacht übergehen sollte. Vorgesehen war die Unterbringung der Infanterieschule und des 1. Bataillons des Infanterie-Lehrregiments und so geschah es dann auch. Das Speisehaus wurde zum Lazarett - einem der modernsten seiner Zeit. Im Empfangsgebäude wurden Kommandantur, Stab und Offiziersheim untergebracht, das Hindenburghaus machte man zum Hörsaal.

Splitterschutzzelle

Nach dem Krieg zog die Sowjetarmee als neuer Hausherr ein. Die Skulpturen und Reliefs wurden entfernt, Wandmalereien übertüncht und teilweise durch eigene, nicht weniger propagandistisch angehauchte, ersetzt. Wahrscheinlich in den fünfziger Jahren wurde das Empfangsgebäude abgerissen. Nach und nach wurden immer mehr der Wohnhäuser abgebrochen und durch "moderne" Plattenbauten ersetzt.

Soqjetischer Plattenbau

Als die Sowjets 1992 abzogen, hinterließen sie das Gelände zwar nicht im allerbesten Zustand, mit dem heutigen war er allerdings gar nicht vergleichbar. Jahrelange Plünderungen und Vandalismus haben deutliche Spuren hinterlassen. Heute stehen die Bauten unter Denkmalschutz, genutzt werden sie aber nicht. Die gärtnerischen Anlagen sind vollkommen verwildert, der See längst verlandet. Im Laufe der Jahre seit der Wende gab es viele Pläne, realisiert wurde jedoch keiner davon.

Da wir immer wieder gefragt werden, ob wir Führungen anbieten: Nein, wir bieten keine Führungen an - aber es gibt jemanden, der das tut. Hier die aktuellen Infos (Stabnd 03/2017):

 

Führungszeiten:

1. April bis 30. September 2017

Anmeldung:

 

Umfang:

 

Dauer:

 

Kontakt:

 

 

 

Bezahlung:

nur nach Voranmeldung.

alle Gebäude

ca. 2,5 Stunden

Mo bis Fr 9.00 - 16.00 Uhr)

Tel. 033094/ 700 565 oder
Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!

Vorkasse (14 Tage im Voraus)

Die Rücknahme verkaufter Eintrittskarten

ist ausgeschlossen.

an der Kasse

Treffpunkt: Am Haupteingang Rosa-Luxemburg-Allee 70

Preise: 

Preis: 50,00 Euro pro Gruppe*

zzgl. 5,00 Euro pro Person

Englischsprachige Führung:

Preis: 60,00 Euro pro Gruppe*

zzgl. 5,00 Euro pro Person

Führungen für Schulklassen

Preis: 50,00 Euro pro Schulklasse*

Filmvorführung:

"Das Olympische Dorf von 1936"

2,00 Euro pro Person

   
     

*Die Größe einer Gruppe sollte mindestens 5 betragen und maximal 25 Teilnehmer nicht überschreiten, da andernfalls mit Einschränkungen zu rechnen ist. Für Großführungen stimmen Sie bitte bei der Anmeldung die Aufteilung in die geeignete Anzahl von Gruppen ab.

Hunde können beim Besuch des Olympischen Dorfes an der Leine mitgeführt werden.

Quellen (Auszug):
- Das Olympische Dorf 1936, Wolfgang Cilleßen
- versch. Zeitungsartikel
- Archiv M.Keuer (historische Ansichtskarten)
- Aussagen von Anwohnern und Zeitzeugen
- eigene Recherche

Tags: Olympiade, Berlin